Aufhebung eines Unternehmensvertrags nur zum Ende eines Geschäftsjahres

Die fehlerhafte Gestaltung eines Transaktionsprozesses kann hohe Verluste und Risiken auf Käufer- und Verkäuferseite mit sich bringen, wenn die Aufhebung eines Unternehmensvertrags nicht zum an sich vereinbarten Zeitpunkt wirksam wird. Dies kann zu ungewollten Haftungen beim Verkäufer und zu finanziellen Einbußen  beim Käufer führen. Ein Urteil aus diesem Jahr bestätigt, dass ein Unternehmensvertrag mit einer abhängigen GmbH nur zum Ende eines Geschäftsjahres oder des sonst vertraglich bestimmten Abrechnungszeitraums aufgehoben werden kann.

Das Urteil des BGH zur Aufhebung von Unternehmensverträgen

Mit Urteil vom 16.06.2015 hat der zweite Zivilsenat des BGH entschieden, dass ein Unternehmensvertrag (also z.B. ein Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag) mit einer abhängigen GmbH entsprechend § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG nur zum Ende eines Geschäftsjahres oder des sonst vertraglich bestimmten Abrechnungszeitraums aufgehoben werden kann (II ZR 384/13).

Dem Urteil lag der folgende Fall zugrunde: Eine GmbH und deren vormalige Obergesellschaft hatten einen Ergebnisabführungsvertrag (“EAV”) durch Vereinbarung zum 27.04. eines Jahres aufgehoben. Dieser Vereinbarung war eine Übertragung der GmbH von ihrer vormaligen Obergesellschaft auf eine andere Gesellschaft im gleichen Konzernverbund vorangegangen. Das Registergericht hatte die Beendigung des EAV ohne Beanstandung im Handelsregister eingetragen.

Der EAV hatte eine feste Laufzeit mit automatischer Verlängerung, sah jedoch keine Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung insbesondere durch unterjährige Kündigung vor.

Zum 27.04. wies die GmbH einen Verlust aus, der erheblich höher war als zum 31.12. desselben Jahres. Nachdem über das Vermögen der GmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet worden war, klagte der Insolvenzverwalter gegen die vormalige Obergesellschaft der GmbH auf Ausgleich des am 27.04. entstandenen Verlusts. Das OLG München sprach dem Kläger lediglich einen Anspruch auf Ausgleich des (niedrigeren) Verlusts zum 31.12. zu. Der BGH bestätigte die Rechtsauffassung des OLG München.

Die Begründung des BGH

In seiner Begründung verweist der BGH darauf, dass die in § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG enthaltene Beschränkung der Vertragsaufhebung eines Unternehmensvertrags auf das Ende des Geschäftsjahres oder des sonst im Unternehmensvertrag selbst bestimmten Abrechnungszeitraums im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit liegt. Dies gilt auch für Unternehmensverträge unter Beteiligung einer GmbH als abhängigem Unternehmen. Eine Umdeutung der einvernehmlichen Aufhebung des EAV in eine fristlose Kündigung nach § 297 Abs. 1 Satz 1 AktG wegen des vorangegangenen Gesellschafterwechsels lehnte der BGH ab, weil der Erwerber zum gleichen Konzern gehörte, wie der Veräußerer (die vormalige Obergesellschaft)  der betreffenden GmbH. Offen ließ der BGH, ob eine Anwendung des § 297 Abs. 1 Satz 1 AktG in Betracht kommt, wenn die Veräußerung einer abhängigen GmbH an einen Erwerber außerhalb des Konzernverbunds der vormaligen Obergesellschaft erfolgt.

Unsere Gestaltungsempfehlung

Das beschriebene Thema ist für Personen, die zu einem nicht unerheblichen Teil in der täglichen Praxis mit Unternehmenstransaktionen befasst sind, relevant.  Vor dem Hintergrund des vorstehenden BGH urteils empfehlen wir Folgendes:

Schon beim Abschluss eines Unternehmensvertrags sollte darauf geachtet werden, dass die Veräußerung des abhängigen Unternehmens jedenfalls aus dem bestehenden Konzernverbund heraus zur Beendigung des Unternehmensvertrags führt oder zu dessen ordentlicher Kündigung berechtigt. Dann ist sichergestellt, dass ein im Sinne des § 296 Abs. 1 Satz 1 vertraglich vereinbarter Abrechnungszeitraum bzw. eine vertraglich vereinbarte ordentliche Kündigungsmöglichkeit gegeben ist.

Sofern ein bestehender Unternehmensvertrag keine solchen besonderen Regelungen zur vorzeitigen Aufhebung enthält, sollte immer im Wege einer satzungsänderung ein Rumpfgeschäftsjahr auf den Zeitpunkt des Vollzugs des Unternehmensverkaufs gebildet werden. Der Unternehmensvertrag kann dann zum Ablauf dieses Rumpfgeschäftsjahrs beendet werden.

Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Unternehmensvertrag ungewollt noch bis zum Ende des Geschäftsjahres fort gilt. Im schlimmsten Fall muss bei fehlender Umdeutungsmöglichkeit sogar bis zum regulären Ende des Unternehmensvertrags abgewartet werden. Dies kann für den Verkäufer zu einer ungewollten Haftung für Verluste führen, die bei dem veräußerten Unternehmen zwischen der Unternehmensveräußerung und dem nächsten Geschäftsjahresende entstehen. Für den Käufer kann es zu dem ungewollten Effekt führen, dass Gewinne, die bei dem erworbenen Unternehmen zwischen der Unternehmensveräußerung und dem nächsten Geschäftsjahresende entstehen, noch dem Verkäufer zustehen.

Die Bildung eines Rumpfgeschäftsjahres empfiehlt sich in diesen Fällen auch bei Unternehmensverkäufen aus dem Konzernverbund heraus, solange der BGH nicht ausdrücklich entschieden hat, dass bei solchen externen Verkäufen die Möglichkeit der fristlosen Kündigung nach § 297 Abs. 1 Satz 1 AktG gegeben ist.

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Der Autor: Rechtsanwalt Dr. Thomas Lotz ist Partner in der Rechtsanwaltskanzlei TRACC LEGAL in München. Dr. Lotz betreut seit 25 Jahren  Unternehmenstransaktionen und berät bei gesellschaftsrechtlichen Fragen im Rahmen der Umstrukturierung und Reorganisation von Unternehmen. Für eine persönliche Beratung erreichen Sie ihn unter der Rufnummer +49-(0)89-95 44 302-89 und per E-Mail: lotz@tracc-legal.de